Zukunft der Pflege in Bayern
Aktuelles | 11.07.2025
Unser Pflegesystem kämpft mit vielen Problemen gleichzeitig. Demographischer Wandel, Fachkräftemangel, hoher bürokratischer Aufwand, Überkomplexität des Systems, Finanzierung … Leidtragende sind neben den Pflegebedürftigen vor allem die pflegenden Angehörigen, die die tragende Säule des Systems darstellen. Sie stehen vielfach unter beträchtlicher körperlicher, emotionaler und finanzieller Belastung. Ob ambulanter Pflegedienst, Kurzzeit- oder Langzeitpflege – es fehlen Angebote. Oft sind für die verschiedenen notwendigen Leistungen und Hilfen unterschiedliche Sozialleistungsträger zuständig mit einer je eigenen Logik und unterschiedlichen Anlaufstellen. Um dem Ziel einer leistungsfähigen, ortsnahen und aufeinander abgestimmten pflegerischen Versorgung der Bevölkerung näher zu kommen, gibt es zahlreiche Ansätze und Überlegungen; strukturelle Anpassungen und Gesetzesänderungen sind nötig.
Digitalisierung: Fortschritt mit Augenmaß
Unter dem Motto „Innovative Pflegetechnik – Kräfte bündeln, Wissen teilen, Kooperationen stärken“ fand in diesem Jahr der E-Health Kongress in Augsburg statt. Dort wurden aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und Chancen der digitalen Transformation im Pflegebereich beleuchtet und erste Ergebnisse der HighCare Agenda präsentiert. Das aktive Einbeziehen der Pflegenden und deren Erfahrungen in die Entwicklung neuer Techniken ist hierbei sehr wichtig, ebenso wie deren Weiterbildung. Dabei soll die Informationsgrundlage sowohl Pflegender als auch Pflegebedürftiger durch den Aufbau einer zentralen, digitalen Informationsplattform verbessert werden. Technologische Innovationen dürfen jedoch nicht dazu führen, dass der Mensch nicht auch weiterhin im Mittelpunkt des Geschehens steht.
Wichtig ist der LAGS in diesem Zusammenhang zudem immer auch zu betonen, dass wir alle jederzeit pflegebedürftig werden können. Es ist kein Thema, dass nur ältere Menschen betrifft. Gerade junge Menschen mit Pflegebedarf oder Menschen mit Behinderung werden in Diskussionen um den Pflegenotstand oft übersehen. Im Sinne der Inklusion müssen gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Teilhabe und Pflegebedarf von Menschen auch mit komplexer Behinderung am gewünschten Wohnort stattfindet.
Selbsthilfe in der Pflege
Bei der Online-Veranstaltung „Selbsthilfe in der Pflege“ aus der Reihe MD im Dialog am 21.05. gab Rudolf Seidl, Geschäftsführender Vorstand der Vereinigung Integrations-Förderung einen guten Einblick bezüglich der Wichtigkeit individueller, unabhängiger und niedrigschwelliger Beratungssettings und Lösungsansätze. Bei der von der LAGS und der SEKO Bayern mitorganisierten Veranstaltung betonte Thomas Bannasch, Geschäftsführer der LAGS, die wichtige Rolle, welche die Pflegeselbsthilfe und der gesamte Bereich der gesundheitsbezogenen Selbsthilfe gerade hinsichtlich Selbstbestimmung, Beratung, Austausch, Gesundheitskompetenz – und somit auch bei der Prävention von Pflegebedürftigkeit – spielt.
Auch der Runde Tisch des Patienten- und Pflegebeauftragten der Landesregierung , Thomas Zoller, stand zuletzt wiederholt im Zeichen der Prävention von Pflegebedürftigkeit. Dass dieses Thema viele Chancen bietet, den aktuellen Herausforderungen zu begegnen, ist unstrittig. Vorrangig fehlt es schlicht an der Implementierung einzelner, nötiger Maßnahmen.
Modellkonzept einer Bayerischen Landespflegegesellschaft
Am 11.07. war die LAGS gemeinsam mit Expert:innen in eigener Sache, Fachverbänden und Leistungsträgern zu einem Runden Tisch zum Thema Entlastung von Pflegenden Angehörigen im Bayerischen Landtag beteiligt. Unter anderem wurde dabei die Idee zu einem Modellkonzept einer Bayerischen Landespflegegesellschaft der Landtags-Grünen diskutiert. Dieses sieht vor, einen Anteil von pflegenden Angehörigen sozialversicherungspflichtig zu beschäftigen. Professionelle Pflegefachpersonen sollen die Pflegeplanung übernehmen, die pflegenden Angehörigen anleiten, deren Aufgaben bei Krankheit und Urlaub übernehmen und verlässliche Ansprechpartner*innen sein.
Diskussionen und Ansätze auf Landesebene sind natürlich immer im Rahmen der bundesweiten Gesetzgebung zu betrachten.
Zukunfstpakt Pflege
Am 7. Juli tagte erstmals eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe („Zukunftspakt Pflege“), um die Grundlagen für die im Koalitionsvertrag angekündigte große Pflegereform zu erarbeiten. Diese soll die strukturellen, langfristigen Herausforderungen in der Pflege und für die Pflegeversicherung angehen. Ziel der Reform ist es unter anderem die nachhaltige Finanzierung und Finanzierbarkeit der Pflegeversicherung zu sichern, die ambulante und häusliche Pflege zu stärken, pflegende Angehörige zu unterstützen und zu gewährleisten, dass Leistungen der Pflegeversicherung von den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen einfach und bürokratiearm in Anspruch genommen werden können.
Die Arbeitsgruppe agiert auf Minister- bzw. Senatorenebene unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände sowie der für Finanzen, Wirtschaft und Energie, Arbeit und Soziales sowie Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend zuständigen Bundesministerien und des Bundeskanzleramts.
Die Stimme der pflegebedürftigen und behinderten Menschen sowie ihrer An- und Zugehörigen darf in diesem Prozess nicht fehlen. Die maßgeblichen Verbände nach § 118 SGB XI müssen die Möglichkeit erhalten, die Betroffenenperspektive einzubringen!
Inwiefern u.a. das Pflegekompetenzgesetz und das Pflegeassistenzeinführungsgesetzgesetz eine erforderliche Erhöhung der Attraktivität pflegerischer Berufe erwirken werden, zu mehr Autonomie im Berufsalltag und letztlich einer verbesserten Versorgungsqualität für Patientinnen und Patienten führen können, bleibt abzuwarten.
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