Barrierefreiheit
„Zugänglichkeit“ ist ein Schlüsselbegriff der UN-Behindertenrechtskonvention. Verwandt mit dem in Deutschland etablierten Konzept der Barrierefreiheit, beschreibt Zugänglichkeit eine spezifische Eigenschaft von Gebäuden, Produkten, Dienstleistungen, Informationen usw., nämlich deren Zugänglich-Sein für jeden Menschen. Im Kontext von Behinderung bedeutet die Frage nach Zugänglichkeit, ob eine bestimmte Sache für Menschen mit Beeinträchtigungen gleichermaßen nutzbar ist wie für andere Menschen.
Alles umfassende Barrierefreiheit im gesamten Lebensraum von Menschen mit Behinderungen und/oder chronischen Erkrankungen ist die entscheidende Voraussetzung dafür, dass sie selbstbestimmt leben und vollständig und gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben und ihre Rechte ausüben können.
Zur (rechtlichen) Ausgestaltung von „Barrierefreiheit“:
Europa
Am 17. April 2019 trat die Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen, der sogenannte „European Accessibility Act“ (EAA), in Kraft.
Bis zum 28. Juni 2022 musste die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden. Sie erfasst bedeutsame Bereiche wie zum Beispiel:
- den Onlinehandel
- den Zugang zu audiovisuellen Medien
- Selbstbedienungsterminals
- Bankdienstleistungen
- den europaweiten Notruf 112
- Angebote des Fernverkehrs
Auf andere wichtige Bereiche des Alltags, wie etwa Gesundheitsdienste, Bildung oder Wohnen erstreckt sich die Richtlinie nicht.
Umsetzung in Deutschland
Am 22. Juli 2021 wurde daraufhin für Deutschland das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen – (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – BFSG) – veröffentlicht. Seine Anforderungen gelten grundsätzlich für Produkte, die nach dem 28. Juni 2025 in den Verkehr gebracht werden sowie für Dienstleistungen, die für Verbraucherinnen und Verbraucher nach dem 28. Juni 2025 erbracht werden.
Die konkreten Anforderungen an die Barrierefreiheit für Produkte und Dienstleistungen wurden im Rahmen einer Rechtsverordnung geregelt. Diese wurde am 22. Juni 2022 veröffentlicht.
Darüber hinaus wurde mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts 2016 die Bundesfachstelle Barrierefreiheit errichtet. Rechtsgrundlage hierfür ist § 13 Behindertengleichstellungsgesetz. Diese Fachstelle ist beauftragt Behörden und Verwaltungen bei der Umsetzung barrierefreier Vorkehrungen und Angebote zu unterstützen. Außerdem soll sie im Rahmen ihrer Kapazitäten Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu Fragen der Barrierefreiheit beraten.
Ergänzende unabhängige Teilhabeberatungsstellen (EUTB) beraten seit Januar 2018 Menschen mit Behinderung und/oder chronischer Krankheit und von Behinderung bedrohte Menschen auch zu Belangen hinsichtlich Barrierefreiheit aller Art.
Umsetzung in Bayern
Bereits im November 2013 formulierte der damalige Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer in seiner Regierungserklärung das Ziel bis 2023 Gesamtbayern im öffentlichen Raum und im öffentlichen Nahverkehr komplett barrierefrei umzugestalten. Damit kündigte er die Umsetzung des Art. 9 der UN-Behindertenrechtskonvention an, die die Bundesrepublik Deutschland bereits im Jahr 2009 unterzeichnet hat.
Die Bayerische Staatsregierung hatte sich außerdem in ihrem 2013 verabschiedeten Aktionsplan „Schwerpunkte der Bayerischen Politik für Menschen mit Behinderung im Lichte der UN-Behindertenrechtskonvention“ folgenden Arbeitsauftrag gegeben: „Entscheidend für die Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen sowie die Umsetzung von Inklusion im Sinne der UN-BRK ist Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen. Es geht um den Abbau nicht nur von baulichen Barrieren, sondern auch Barrieren für sinnesbehinderte, geistig oder psychisch behinderte Menschen.“
Arbeitskreis der LAGS 2014 mit Resolution und Forderungspapier
Die LAGS richtete daraufhin bereits 2014 einen Arbeitskreis „Barrierefreiheit“ mit ihren Mitgliedsverbänden ein. Ergebnis waren eine Resolution „Bayern barrierefrei 2023“ und ein Forderungspapier der LAGS „Bayern Barrierefrei 2023“, dessen Inhalt nach wie vor aktuell ist.
Für die Verwirklichung des Ziels, Bayern im gesamten öffentlichen Raum und gesamten öffentlichen Personennahverkehr komplett barrierefrei umzugestalten, muss ein gründliches Konzept aller handelnden Akteure gemeinsam erarbeitet werden. Dazu gehören die staatliche und kommunale Verwaltung als Träger des öffentlichen Raums, die kommunalen und öffentlichen Verkehrsbetriebe, aber auch die Organisationen der behinderten und chronisch kranken Menschen. Die Förderung von Projekten zur Forschung und Entwicklung neuer, z.B. technologischer, Möglichkeiten zur praktischen Umsetzung von Barrierefreiheit muss unterstützt werden.
Die Umsetzung muss als Prozess verstanden werden, der jederzeit als offenes, lernendes und sich weiterentwickelndes System begriffen werden muss. Zur Unterstützung dieses Prozesses haben wir als Selbsthilfeorganisationen in Bayern die Bildung eines Kompetenzzentrums zur Organisation des institutionalisierten Beteiligungsprozesses der selbstbetroffenen Menschen der unterschiedlichsten Behinderungen und daraus resultierenden Bedürfnissen vorgeschlagen.
Im Oktober 2019 wies die LAGS in ihrer Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes auch nochmal ausdrücklich auf wesentliche Inhalte des Gesetzes im Hinblick auf die Umsetzung von Barrierefreiheit hin.
Aktuelles zur Barrierefreiheit
- Besuch der Intendantin des Bayerischen Rundfunks: Inklusion und Medien im Fokus
- Bundesteilhabegesetz aus der Perspektive von …