Seltene Erkrankungen

In der Europäischen Union gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen von ihr betroffen sind. Es gibt über 6.000 unterschiedliche Seltene Erkrankungen. Die Gesamtzahl der Betroffenen ist also trotz der Seltenheit der einzelnen Erkrankungen ziemlich hoch. In Deutschland sind etwa vier Millionen Menschen von einer Seltenen Erkrankung betroffen. 

Bei Seltenen Erkrankungen handelt es sich um sehr unterschiedliche, oft komplexe Krankheitsbilder mit überwiegend chronischen Verläufen. Viele dieser Erkrankungen sind nicht heilbar, sie bedingen oft gesundheitliche Einschränkungen und eine verkürzte Lebenserwartung. Etwa 80 Prozent der Seltenen Erkrankungen sind (teilweise) genetisch bedingt, wodurch sie häufig bereits im Kindesalter zu Symptomen führen. 

Die Seltenheit der einzelnen Erkrankungen erschwert die medizinische Versorgung der betroffenen Patientinnen und Patienten, aber auch deren Erforschung. Diagnose und Therapie der Erkrankungen stellen sowohl Betroffene und Angehörige als auch medizinisches, therapeutisches und pflegerisches Personal vor besondere Herausforderungen. 

Um weitere Verbesserungen in Prävention, Diagnostik und Therapie Seltener Erkrankungen zu erreichen, ist ein gemeinsames, koordiniertes und zielorientiertes Handeln aller Akteure nötig. Im Jahr 2013 wurde daher ein Nationaler Aktionsplan vorgestellt. Auf Initiative des Bundesgesundheitsministeriums wurde unter Beteiligung der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen, dem Dachverband von Selbsthilfeorganisationen aus dem Bereich Seltener Erkrankungen (ACHSE e. V.), das Nationale Aktionsbündnis für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE) gegründet. Es besteht aus Spitzen- und Dachverbänden der wesentlichen Akteure im Gesundheitswesen.  

Im Februar 2009 eröffnete das erste Zentrum für seltene Erkrankungen (ZSE) in Freiburg. Inzwischen haben eine Vielzahl weitere Versorgungseinrichtungen dieser Art ihre Arbeit aufgenommen. In Bayern wurden an allen sechs bayerischen Universitätsklinika ZSE eingerichtet. Sie sind in der Bayerischen Arbeitsgemeinschaft seltene Erkrankungen (BAsE) zusammengeschlossen. Eine Auflistung aller ZSE in Deutschland finden Sie bei OrphaNet.

Um die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Seltenen Erkrankungen EU-weit zu verbessern und zu koordinieren, wurden ab 2017 „Europäischer Referenznetzwerke (ERN)“ geschaffen. Für mehrere der mittlerweile 24 etablierten Netzwerke sind deutsche Koordinatoren verantwortlich.  

Um die Versorgung insbesondere auch von Patientinnen und Patienten mit Seltenen Erkrankungen zu verbessern, hat der Gesetzgeber den Versorgungsbereich der Allgemeinen Spezialfachärztlichen Versorgung (ASV- siehe auch „Patientenbeteiligung“) eingeführt.  

Es gibt eine ganze Reihe von Seltenen Erkrankungen, die immer noch nicht zufriedenstellend erkannt und behandelt werden können. Um die Situation zu verbessern, wird die Erforschung von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen für Seltene Erkrankungen besonders gefördert. Arzneimittel zur speziellen Behandlung Seltener Erkrankungen nennt man Orphan Drugs. Die Versorgungsmöglichkeiten für Menschen mit Seltenen Erkrankungen werden im Atlas Seltener Erkrankungen dargestellt. 

Internationaler Tag der Seltenen Erkrankungen ist der 29. Februar. An oder um diesen Tag herum (der 29. 2. existiert ja nur alle vier Jahre) ist die LAGS jeweils an einer Veranstaltung – in der Regel u.a. mit weiteren Selbsthilfeakteuren (SEKO) und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern – beteiligt.